Jedem Land seine Revolutionen. Südafrika hatte in seiner bewegten Geschichte nicht zu wenig davon. Eine der letzten fand in Swartland statt und drehte sich erfreulicherweise einfach nur um Wein. Knapp zwei Jahrzehnte ist es her, dass ein paar junge Winzer nach Swartland aufbrachen und beschlossen, in einer Region, die für ihr erbarmungslos, heißes Klima und ihre Weizenfelder bekannt war, Weine zu keltern wie sie Südafrika bis dahin noch nicht gesehen hatte.
Eben Sadie mit seinem Columella, einem Meilenstein in meinem Sortiment, war einer der ersten, der das Potenzial der Region auslotete, Org de Rac, stieß etwas später dazu. Die Intentionen sind die gleichen: durch konsequent nachhaltige Bewirtschaftung und avantgardistische Methoden im Weingarten wie auch im Keller einen Gegenentwurf zu den üblichen Mechanismen der südafrikanischen Weinwelt zu setzen.
Org de Rac geht dabei noch ein paar Schritte weiter. Die 43 Hektar Rebflächen, die Org de Rac in die Erde im Schlagschatten des Piketbergs setzte, werden ausnahmslos biologisch bearbeitet. Zudem vertraut man auf die Wertschöpfung manueller Arbeit und die individuelle Pflege der Rebstöcke, was zwar zusätzliche Kosten verursacht, allerdings auch die Qualität steigert.
Ein weiterer Teil im komplexen Puzzle von Org de Rac ist der Versuch durch das gezielte Aussetzen diverser Pflanzen, die Monokultur zu brechen, oder um es positiv zu formulieren, die Biodiversität zu steigern. Neben Merlot, Cabernet, Syrah und Chardonnay wachsen rund um das Weingut Oliven und Lavendel, aus denen Öl gewonnen wird. Zudem lässt man in den Weingärten wachsen, was wachsen will, womit auch gleichzeitig ein ständiger Humusaufbau zwischen den Rebzeilen gewährleistet ist. Wie klug und durchdacht das Konzept von Org de Rac ist, beweist auch die Tatsache, dass zur Schädlingsbekämpfung (Schnecken, Insekten) eine kleine Heerschar an Enten frei durch die Weingärten patrouilliert und bei ihren Touren auch gleich die Böden düngt.
Die sind im nördlichen Teil des Swartlands (Swartland bedeutet übrigens schwarzes Land, bezugnehmend auf den Rhinozeros-Busch, der das Land nach Regenfällen dunkel färbt) und nahe an den Ufern des Berg Rivers leicht sandig und wechseln in höheren Zonen in von Schiefer durchsetzte Braunerde. Klima und Vegetation erinnern ein wenig an die wärmsten Zonen Europas, an die Mancha in Spanien oder Kalabrien im Süden Italiens, weshalb man auf Org de Rac auch versucht, die kühlsten Flächen für den Weinbau zu reservieren.
Der natürlichen Herangehensweise und der Idee möglichst wenig zu intervenieren, vertraut man auch im Keller. Anders als sonst üblich setzt man bei der Vergärung vor allem auf wilde Hefestämme und baut vorwiegend in gebrauchten Holzfässern aus. Man verzichtet auf jegliche Art von Zusatzstoffe außer Schwefeldioxid vor der Füllung und setzt sich auch dabei Grenzen, die deutlich unter denen des konventionellen Weinbaus liegen. Org de Rac keltert Weine, die ihre Herkunft betonen und nicht nur durch ihren nachhaltigen Ansatz neue, alternative Wege in der südafrikanischen Weinwelt offenlegen.